Programmkommission

Streitpunkt «Gender auf dem Sender»

In der Konzession der SRG steht, dass sich ihr publizistisches Angebot «am Gemeinwohl» orientieren müsse und «dem Publikum eine verlässliche Orientierung in Staat und Gesellschaft» bieten soll (siehe Artikel 3 der Konzession).

Für die Angebote von SRF entstehen daraus drei Probleme:

  • Dieses eine Publikum gibt es nicht mehr. Die Medienkonsument:innen verteilen sich auf immer mehr Techniken, Kanäle und Angebote. Das Publikum ist fragmentiert und will, je nach Kanal, sehr unterschiedlich angesprochen werden.
  • Entsprechend unterscheiden sich auch die Vorstellungen davon, was «eine verlässliche Orientierung in Staat und Gesellschaft» sein könnte.
  • Auch in der Frage, was das «Gemeinwohl» ist, das die Konzession anspricht, herrscht heute keine Einigkeit mehr.

Entsprechend kontrovers werden die publizistischen Angebote der SRG respektive von SRF in der Gesellschaft diskutiert. Schwierig für die SRG wird es dann, wenn es scheinbar keine neutrale publizistische Position mehr gibt. Wenn zum Beispiel schon die schiere Nennung eines Themas zu Kontroversen führt. Wenn die Wortwahl auf die Goldwaage gelegt und jede Berichterstattung als Beeinflussung interpretiert wird.

Genau diese Themenbereiche stellt «Streitpunkt SRG» zur Diskussion. Das neue Veranstaltungsformat der SRG Region Basel diskutiert mit Vertreter:innen aus Politik, Kultur und Wissenschaft, mit Programmschaffenden von SRF und mit dem Publikum über die heissen Themen des medialen Service public.

Nach einer längeren Entwicklungsphase haben wir am 6. November 2023 zur ersten «Streitpunkt»-Veranstaltung ins Auditorium des Meret Oppenheim-Hochhauses eingeladen. Thema: «Gender auf dem Sender». Die Frage, wie wir sprachlich mit dem Geschlecht (respektive: mit dem Gender) umgehen sollen, spaltet die Öffentlichkeit. Eine neutrale Position gibt es nicht mehr: Wer gendert, wer also Männer, Frauen und andere Geschlechter abbilden und angesprochen haben will, akzeptiert eine Sprache, die nur mit der maskulinen Pluralform arbeitet, nicht mehr. Wer sich umgekehrt strikt an die Vorgaben von Duden und Co. halten möchte, empfindet den Gender-Stern als politischen Aktivismus.

Daraus ergeben sich drängende Fragen:

  • Wie soll SRF sprachlich mit den verschiedenen Geschlechtern umgehen?
  • Wie inklusiv und repräsentativ soll die Sprache auf SRF sein?
  • Wie soll SRF damit umgehen, dass Gendersternchen und ähnliche Formen von den einen für eine dringend nötige Inklusion und von den anderen als umständlich und störend empfunden werden?
  • Ist Gendern ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung über die Mann/Frau-Pole hinaus oder vorauseilende, politische Korrektheit, die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nichts zu suchen haben?

Über diese Fragen haben wir mit dem Publikum und drei Expert:innen diskutiert:

  • Michela Seggiani (SP, BS), Germanistin, Unternehmerin, Grossrätin
  • Sascha Rijkeboer, Pop-Aktivist:in, Sichtbarmacher:in, non-binär
  • Raphael Müller (Mitte, BS), Germanist und konservativ.

Die lebhafte Diskussion hat dazu geführt, dass beide Seiten die Problematik einer geschlechtergerechten Sprache (und damit die Gegenseite) besser verstanden haben. Eine Lösung für SRF haben wir an dem Abend nicht gefunden. Vielleicht bis auf die Empfehlung, das Thema weniger verkrampft und dafür etwas offener und lockerer anzugehen.

Wir sind gespannt auf weitere Streitpunkt-Diskussionen über kontroverse Medienthemen 2024.

Matthias Zehnder, Präsident Programmkommission

«Streitpunkt»-Termine im 2024

Dienstag, 11. Juni 2024, 19.00 Uhr zum Thema «Stadt-Land»
Mittwoch, 4. September 2024, 19.00 Uhr
Weitere Informationen folgen zur gegebenen Zeit.

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